Corona-Zeit: Agenturen sind keine Friseure

Seit dem 14. März 2020 zeigt meine Armbanduhr 20 Minuten nach 10. Die Zeit ist stehen geblieben. Anfänglich habe ich mich beim gewohnten Blick darauf erschrocken, dass es schon so spät ist. Oder ich war angenehm überrascht, dass es vermeintlich noch viel Zeit ist. Ich habe die Uhr abgelegt. Ein Batteriewechsel ist momentan nicht möglich. Am Handgelenk ist es ungewohnt leichter geworden.

Corona verändert unsere Zeit, unseren Alltag und unseren Beruf. Wenn eins sicher ist: Aus dieser Krise kommen wir alle frisch gekärchert, gut aufgeräumt von Keller, Schreibtisch bis Archiv und bestens proviantiert heraus. Werden wir das demnächst „coronern“ nennen? Das häusliche Zusammenrücken, Einigeln und Social-distancing führt auch zu verblüffenden warmen Gefühlen. Bei uns im Mehrfamilienhaus-Veedel in Köln-Ehrenfeld ist es das abendliche nachbarschaftliche Musizieren von den Balkonen und Terrassen: „Freude, schöner Götterfunken“ auf Blockflöten, Saxophon und Klarinette kommt als luftige Botschaft auch ums Eck…

Agenturen sind keine Friseure. Wenn es wieder losgeht, stürmt uns keiner die Bude mit langer Matte ein. Veranstaltungen wie wir sie kennen, brauchen Zeit für Planung, Kommunikation und Durchführung. Auch wenn es die Veranstaltungswirtschaft als erstes traf, wird die Branche am längsten brauchen, bis alles wieder auf vollen Touren läuft. Was können wir Agenturen machen, außer die Finanzen möglichst weit zu strecken und Kosten einzudampfen?

Corona-Zeit ist „geschenkte Zeit“. Wir nutzen sie, um unsere Hausaufgaben zu machen, längst geplante Themenfelder unseres Portfolios zu schärfen und sie marketingstrategisch herauszuputzen, so dass wir damit sofort rausgehen können, wenn sich der Sturm gelegt hat. Und natürlich denken wir intensiv über erweiterte Geschäftsmodelle für uns als Agentur nach. Wir gehen sogar so weit, dass wir darin in Zeiten größter Krise auch finanziell investieren: der Sprung ins Web-Event, in Web-Networks und Web-Casts mit eigenem Online-Studio, einem eigenem Themenformat und dem Angebot für alle, die Botschaften senden müssen. Darüber hinaus schafft der Blick auf die eigene USP jenseits der klassischen Veranstaltung neue Räume für Möglichkeiten: Chancen sehen - Chancen nutzen. Corona ist nicht zu ändern. Wir können aber unserem beruflichen, sozialen wie familiären Tun ein eigenes Krönchen aufsetzen. Gerade weil die Zeit steht, kann sich Neues entwickeln.

Dr. Achim Stegmann